So ist einseitige Taubheit!

So ist einseitige Taubheit!

Warum kann ein gesunder Mensch die Beeinträchtigung von einseitiger Taubheit nicht nachvollziehen („Ein Ohr funktioniert ja noch…“)?

1) Man sieht diese Beeinträchtigung niemanden an (außer der Betroffene trägt natürlich ein CI/Cros/Baha…)

2) Selbst wenn sich jemand mit zwei gesunden Ohren ein Ohr zuhält, nimmt er noch viel mit diesem Ohr wahr, denn: Der Schall wird auch über Knochenleitung weitergegeben!

Die Auswirkungen von einseitiger Taubheit für den/die Betroffene/n:

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Die Geometrien stehen für unterschiedliche Geräuschquellen, die Farben für unterschiedliche Frequenzen, die geraden Striche für die Störeinwirkung von Tinnitus. Rechts ist es viel schwieriger, sich auf ein Geräusch (Geometrie) zu konzentrieren, denn:

=> Keine Richtungen können mehr gehört werden! Zum Richtungshören brauchen wir zwei funktionsfähige Ohren!

Empfindung aus dieser Konsequenz: Ein 2D Geräuschbrei zwängt sich durch nur noch einen Gehörgang

=> Geräuschüberempfindlichlkeit auf dem verbleibenden Ohr (Hyperakusis)!

=> Geräusche können nur durch Filter mit Gehirnleistung (mehr Konzentration) entwirrt werden, nicht mehr intuitiv über Richtungszuordnung!

=> bei spätem Gehörverlust heißt Taubheit nicht gleich Ruhe! Das ist wie wenn das Antennenkabel vom Fernseher gezogen wird und plötzlich kommt ein lautes, wildes Rauschen! Die Hardware (Gehirn+Hörnnverv) funktioniert noch, jedoch kommen keine brauchbaren Signale mehr rein, weil die Schnittstelle (Haarzellen) zerstört wurde. Ein wilder Geräuschkampf tobt (Tinnitus)!!! Taub ist lauter Kampf der wilden, umgebungsunabhängigen, permanenten Geräusche! Immer und rund um die Uhr!

=> Quelle aller Geräusche erscheint direkt vor der Ohrmuschel oder im Kopf! Keine räumliche Wahrnehmung! (fühlt sich an wie ein Sitzen in einer Schachtel)

Leider haben viele Menschen/ die Rentenversicherung/ die Krankenkassen immer noch die Einstellung, dass SSD nur eine geringe Beeinträchtigung darstellt. Dabei sprechen die Statistiken (Depression, Ermüdung etc deutlich erhöht bei SSD) für sich!

Beispiele:

Ich wurde nur mit Grad 20 vom Amt für Versorgung als Beeinträchtigung eingestuft (Verlust Gehör und Gleichgewichtsorgan einseitig, Tinnitus).

Mein Antrag auf „Mittel zur Anteilhabe am Berufsleben“ wurde von der DRV Bund für ein Cros Hörgerät abgewiesen.

Die Krankenkasse würde nur einen symbolischen Beitrag für ein Cros Versorgungsgerät zahlen (ca. 30%).

Auswirkung der einseitigen Taubheit auf den Beruf:

Als Projektleitung kommuniziere ich mit Teammitglieder/Mitarbeiter/Zulieferer und sitze viel in Besprechungen. Das bedeutet, dass ein optimaler Höreindruck sehr wichtig für meine Tätigkeit

Ohne Hilfsmittel (Cros, Baha) muss ich immer meinen Kopf gedreht halten, um einem Gespräch zu folgen.Diese veränderte Körpersprache kann vom Kommunikationspartner fehlinterpretiert werden (Arroganz, Desinteresse).

Haltungsschäden auf lange Zeit sind vorprogrammiert.

In einer Besprechung kann ich nicht gleichzeitig schreiben und zuhören, wenn auf der tauben Seite gesprochen wird, da ich meinen Kopf drehen muss.

Fazit:

Einseitige Taubheit ist belastender für die Betroffenen als man vielleicht sich als gesunder Mensch vorstellen kann (hätte ich früher auch nicht). Ich hoffe mein Beitrag kann mehr gegenseitiges Verständnis vermitteln.

 

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Vielen Dank und einohrige Grüße!

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25 Gedanken zu “So ist einseitige Taubheit!

  1. Mit 11Jahre wurde ich durch eine Gehirnhautentzündung die durch die Kinderkrankheit Mumps aufgetreten ist, auf einer Seite Taub. Es war immer eine große Belastung im privaten, schulischen und beruflichen Bereich.Bei einer Verkühlung ist das noch viel schlimmer!!! Jetzt bin ich 😚 Jahre alt, und versuchte erst gestern mit einem Kollegen zu kommunizieren, mit meiner gesunden Hälfte, und habe da nur Bruchteile verstanden.Peinlich!!! Ab und zu habe ich das Gefühl das mein gesundes Ohr auch schon was abgekriegt hat! Jahrelang habe ich das Problem verdrängt und versucht mich anzupassen, aber in solchen Situationen wirft das einen aus der Bahn und man würde sich am liebsten verkriechen.Ich leide oft unter Ermüdung und…. . Meine Blutwerte sind in Ordnung und da habe ich mich gefragt ob mein Problem vielleicht durch das Hörproblem und die damit verbundenen psychischen Belastungen auftreten. Beim Suchen bin ich auf diese Seite gestoßen. Ich dachte eigentlich immer, ich bin allein mit dem Problem!

  2. Danke für diesen tollen Beitrag.
    Alles genauso wie es sich bei mir darstellt beschrieben. Auch ich habe nur 20% bekommen, die überhauptgarnichts bewirken. Die Belastungen sind aber immens.

  3. Vielen Dank für diesen Blogg. Ich war gestern in der HNOKlinik, da sich mein Hören auf dem linken Ohr in kurzer Zeit so verschlechtert hat, dass ich auch mit dem neu angepassten Hörgerät nichts mehr höre. In der Annahme, dass mir dort gesagt wird, dass ich mich damit abfinden muss taub zu werden, war ich total überrascht die Chance zu bekommen über ein CI wieder zu hören. Meine Oberärtzin ist selber CI Trägerin, deshalb habe ich diese Klinik ausgesucht. Sie hat mich so gut beraten, dass ich nach wenigen Minuten entschlossen war, diesen Weg zu gehen. Noch sehr durcheinander von dieser neuen Chance durchsuche ich das www und finde diesen Blogg. Danke danke danke….Und dass Du auch Klavier spielst, ermutigt mich erst recht. Ich bin Gesangspädagogin und studiere Jazzpiano, das ist mein Leben-Die Musik

  4. Hallo 🙂 Ich habe durch eine Kundin von deiner Geschichte erfahren und ich finde diese Seite super. Es ist so einfach und super erklärt, da nehme ich mir viel für meine Berufswelt raus mit. Ich wünsche noch ganz viel Erfolg auf dem weiteren Weg, weiter so!

    1. Hallo Anika, vielen lieben Dank für deine Rückmeldung! Ich freue mich jedes Mal, wenn ein Nutzen des Blogs zurückgespiegelt wird. Was machst du denn genau beruflich? Liebe Grüße
      Alexander

  5. Herzlichen Dank an den Autor für die anschauliche Darstellung. Der Artikel findet bei uns in der Verwandtschaft gerade große Beachtung da ein lieber Angehöriger durch ein Schwannom seit kurzem betroffen ist. Was uns helfen würde wären Hinweise der Betroffenen was wir „2-Hörigen“ tun können um Betroffenen entgegenzukommen. Habt Ihr Tipps?

  6. Hallo. Ich bin ebenfalls eine betroffene. Seit ca. 50 Jahren bin ich auf einem ohr taub. Bei mir war es vermutlich auch ein Mumps. Damals wurde noch nicht geimpft. Ich habe mich nun fast 50 Jahre damit herumgeschlagen. Angefangen vom schlechten verstehen. Überhaupt bei Hintergrundgeräuschen. Auch für meine Familie bzw. Ehepartner ist das nicht einfach. Telefonieren, richtungshören. Musik hören, kein stereo, im Theater nur die Hälfte verstehen, und wenn einer einen Witz macht, muss ich grundsätzlich nachfragen. Das ist alles ziemlich lästig. Aber nun kommt dazu, dass auch mein gutes ohr nachlässt. Ich Trageseite einiger auf dem guten ohr einhörgerät. Und nun bin ich am überlegen, ob ich auf das taube ohr ein CI legen lassen. Allerdings sagte man mir, dass es unklar ist, ob ich mit dem CI überhaupt wieder hören kann. Weil das Gehirn schon so lange ausgebremst würde. Gibt es da draussen jemanden, der ein ähnliches Problem hat? Oder Erfahrungen mit einem CI nach 50 Jahren Taubheit? Wäre echt super, wenn sich da jemand finden ließe.

  7. Hallo,
    Ich bin seit 7 Tage auf der linken Seite taub. Es kam aus dem Nichts und morgen werde ich aus dem KH entlassen. Zuhause warten meine zwei kleinen Kinder auf mich und ich habe einfach nur Angst…

    Wollte das nur mal loswerden…

    1. Hallo Susanne, in der Anfangszeit war der neue Wahrnehmungszustand durch vorher/nachher Gefühle bei mir sehr präsent. Versuche zunächst so viel Unterstützung zu erhalten wie nur irgendwie möglich. Familie, Haushaltshilfe über die Krankenkasse etc. Entlastung hilft dir dabei, den neuen Zustand zu bewältigen. Was sagen denn die Ärzte? Hörsturz? Dauerhaft oder temporär? Drücke dir die Daumen und wünsche dir viel Kraft für die nächste Zeit, lieben Gruß Alex

  8. Ich bin seit meiner Kindheit ebenfalls davon betroffen und mir ist erst in kurzer Zeit nach mehr als 30 Jahren schmerzlich bewusst geworden, welchen Einfluss mein einseitige Taubheit auf meinen Lebensweg genommen hat. In der Kindheit habe ich mein rechts Gehör durch ein Knalltrauma verloren ohne das bewusst wahrzunehmen! Damals spielte man an Karneval oft Cowboy und Indianer, knallte mit lauten Spielzeugpistolen rum und keiner kam auf die Idee, wie gefährlich das sein könnte. Auch die Erwachsenen nicht. Blöd nur, dass ein Knall direkt in mein Ohr ging…und das auch noch absichtlich geschah. Irgendwann in der Grundschule merkte meine Lehrerin, dass etwas nicht stimmte, und ich wurde zum Ohrenarzt geschickt. Dort wurde die einseitige Taubheit entdeckt und man konnte sich nicht erklären, woher das rührte. Mir selber war das gar nicht bewusst! Viele Jahre später erinnerte ich mich an das Ereignis und konnte das in Zusammenhang bringen. In all der Schulzeit war das nie ein Thema und ich kann mich nicht erinnern, dass weder meine Familie, noch die Lehrer darauf irgendwie geachtet hatte. Vielleicht wurden die späteren Lehrer auch gar nicht darüber informiert. Meine Leistungen waren sehr durchschnittlich und manchmal kamen von mir im Unterricht Beiträge, die wohl falsch waren, für Belustigung sorgten und mich dumm aussehen ließen. Im Nachhinein aber darauf basierten, dass ich eben nur halb hingehört hatte. Im wahrsten Sinne der Wortes. Erschwert wurde meine schulische Karriere dadurch, dass ich aufgrund eines Unfalls ein halbes Jahr in der Grundschule aussetzen musste und dies die Lücken vergrößerte. Erst vor wenigen Jahren erkannte ich auch da einen Zusammenhang zwischen dem Unfall und meinem Hörproblem. Ich werde wohl das Auto nicht gehört haben, das mich erwischt hatte. Ich weiß aber bis heute nicht, was passiert ist.

    Mit der einseitigen Taubheit habe ich mich aber schon immer arrangiert. Auch wenn ich einst Stereo hören konnte, ich kenne es nur so und für mich gilt „ich höre, also höre ich“. Den Stereo-Effekt kann ich gar nicht nachvollziehen.
    Ich habe vor 20 Jahren und vor 10 Jahren nochmal einen Versuch unternommen, das mit einer Cros-Versorgung zu korrigieren. Da würden mich die Erfahrungen anderer Betroffener interessieren?! Ich konnte mich daran absolut nicht gewöhnen, da ich nun plötzlich Störgeräusche wahrnahm, die vorher nicht bewusst da waren. In einer Umgebung mit vielen Leuten war das auch unpraktisch. Zwar habe ich sonst das Problem, nicht allen Leuten folgen zu können und muss mich oft drehen oder gar wegdrehen um mein Ohr hinzuhalten. Bei einer geregelten Diskussion war das Cros-Gerät zwar von Vorteil. Sobald es aber unruhig wird, habe ich das Problem fokussiert hören zu können, weil die eben beschriebenen Störgeräusche auftauchen. ich höre die Person, der ich zuhören will (oder auch muss) SCHLECHTER als zuvor.
    Auch empfand ich das Signal von der anderen Seite als etwas zu künstlich, sodass mir der gesamte Höreindruck etwas unnatürlich vorkam.
    Aufgrund dessen habe ich diese Hörhilfe wieder aufgegeben. Wie auch immer das mit einem CI ablaufen soll,kann ich mir überhaupt nicht vorstellen.

    In der letzten Zeit habe ich mich mit dem Thema auseinandergesetzt, da ich mich in meinem Umfeld mit Problemen in der Kindheit auseinandersetze und da komme ich natürlich nicht umhin, meine eigene Kindheit zu analysieren. Erst jetzt werden mir die Zusammenhänge klar, unter dessen Folgen ich mein Leben lang leide. Ich war und bin auch heute noch im sozialen Leben sehr zurückgezogen. Leider gab es damals keine Inklusion und kein Bewusstsein für dieses Thema, sonst wäre mein Leben vielleicht anders gelaufen.

  9. Hallo Dave, vielen Dank für deinen offenen Erfahrungsbericht zu deinen Erlebnissen mit dem Thema einseitige Taubheit! Die Folgen werden leider immer noch sehr häufig gesellschaftlich unterschätzt… Es tut mir leid, dass dir das cros nicht weitergeholfen hat. Über meine Erfahrungswerte mit CI kannst du ja auf dem Blog oder im Buch sehr umfangreich nachlesen. Darf ich dein Kommentar als Gastbeitrag posten, damit mehr Leute deine Erfahrung lesen können? Dir alles Gute, einohrige Grüße Alex

    1. Hallo Alex,

      danke für das Feedback. Ja, sehr gerne! Bitte doch. Ich freue mich, meine Erfahrungen mit anderen teilen zu können. Mich belastet das schon sehr lange, aber ich habe das früher immer ignoriert. Eine Frage habe ich noch: wie ist das mit dem Grad der Behinderung (20-30%?) und wie weise ich das nach? Ich habe mich damit nur kurz beschäftigt und verstehe es so, dass man erst bei einem höheren Grad einen Nachweis hat.

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