Hörsimulationen Cochlea Implantat

So ist einseitige Taubheit!

Wie ist das Hören mit dem CI? Diese Frage wird mir sehr oft von Nicht CI Trägern (NCITs) gestellt. Dass der Höreindruck mit dem „elektrischen“ Ohr, deutlich von dem mit dem „normalen“ Ohr abweicht, das ist den meisten NCITs natürlich plausibel. Doch wie diese Abweichung dann klingen mag und warum das Interpretieren der Höreindrücke neu gelernt werden muss wie eine neue Sprache, das ist nur schwer vorstellbar. Hierzu habe ich auch einiges in vorangegangen Blogbeiträgen geschrieben, z.B. in Résumé: Wie ist das Hören nach dem 1. Monat mit CI bei einseitiger Taubheit?

Eine grobe Hilfestellung können Hörsimulationen vermitteln, um den CITs das Erklären  und den NCITs das Verständnis zu erleichtern. Doch Achtung: ich persönlich finde, dass diese Beispiele eher die finale Ausbaustufe des Hörens mit CI nach einem langen Lernprozess abbilden. Um zu einer solchen CI Hörinterpretationsqualität zu gelangen, sind unter Umständen mehrere Jahre Hörerfahrung erforderlich, bzw je nach medizinischer Indikation kann sie vielleicht auch individuell nie erreicht werden.

Unter den Beispielen finden sich sowohl Frauen- und Männerstimmen als auch Musikbeispiele. Die Sprachproben sind dabei ohne Störgeräusche aufgezeichnet, was das Verständnis im Vergleich zu vielen Alltagssituationen deutlich erleichtert.

Hier der Link zu den Hörbeispielen auf der Homepage der Österreichischen Akademie der Wissenschaften vom Institut der Schallforschung.

Gerade bei der Musik wird der Unterschied zwischen dem akustischen und dem elektrischen Hören deutlich. Während perkussive Klänge wie in Music 1 und 4 recht deckungsgleich über das CI im Vergleich zum gesunden Ohr wahrnehmbar sind,  wird es bei z.B. Music 9-11 deutlich unterschiedlich.

Einen ausführlichen Beitrag zum Thema CI und Musik (Veränderung im Laufe der Zeit) findest du hier: CI und Musik – geht das?

Warum ich trotz dieser Abweichungen zum akustischen Ohr sehr zufrieden mit meiner Entscheidung für ein Cochlea Implantat als Mono bin, schildere ich unter anderem hier: Wie ist ein Tag ohne CI? Wie überstehe ich den nur?!

Übrigens: Aufmerksam auf diesen Link zu den Hörbeispielen wurde ich aufgrund des aktuellen Newsletters „Hörsendung“ von Viola Dingler. Sie begleitet mit großer Hingabe seit vielen Jahren Menschen mit Hörbeeinträchtigungen und hat auch schon für uns Monos auf diesem Blog einen vielgelesenen Gastbeitrag verfasst. „Ganz Ohr sein, durch das Ohr ganz sein“ – ein Gastbeitrag der Logopädin Viola D.

Falls du Interesse an ihren liebevoll gestalteten Newsletter hast oder mehr über ihre Arbeit erfahren möchtest, kannst du Näheres auf ihrer Homepage erfahren: https://www.violadingler.de/ oder ihr ein like auf Facebook hinterlassen https://www.facebook.com/ViolaDingler/

Wenn dir dieser Blogbeitrag gefallen hat, kannst du ebenfalls ein like / teilen und deine persönliche Meinung dazu auf Facebook hinterlassen. https://www.facebook.com/EinseitigeTaubheit/ Durch abonnieren verpasst du auch keine Neuigkeiten in der MONO Community mehr 🙂

 

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FAQ: Wie Verlief der Prozess der einseitigen Ertaubung bei anderen?

FAQ, So ist einseitige Taubheit!

Hallo liebe Mono-Community,

herzlichen Dank für die vielen Teilnahmen an der MonoMachMit-Umfrage und die zugeschickten Vorschläge für weitere interessante Fragen! Ich werde die Ergebnisse Stück für Stück aufbereiten und hier vorstellen. Die Aussagekraft ist natürlich nicht allgemein gültig oder wissenschaftlich erhoben, sondern basiert auf der freien Stimmabgabe und somit den individuellen Erfahrungswerten der Teilnehmer aus der Mono-Community.

Wie Verlief der Prozess der einseitigen Ertaubung bei anderen?

Vereinfachtes Ergebnis:

Prozess_Ertaubung2

Detailliertes Ergebnis:

Prozess_Ertaubung

Zu diesem Thema habe ich u.a. diese zwei weitern Fragen erhalten, die ich ebenfalls sehr interessant finde. Ich freue mich, wenn du deine Antworten dazu hinterlässt!

 

Mit SSD in der Schule – ein Gastbeitrag von Jonas K.

Plattform unterstützen, So ist einseitige Taubheit!

Wenn es eine Konstante in meinem Leben gibt, dann ist es mein Gehör. Es funktionierte noch nie und dieser Defekt begleitet mich mein Leben lang bis zu diesem Zeitpunkt, an dem ich diese Worte schreibe. Keine Angst, ich werde mich ich folgenden nicht darüber auslassen, wie schlimm alles doch war. Das wäre ja auch gelogen. Man lernt vieles, was andere nicht lernen und man lebt auch anders. Mir geht es in diesen Texten darum, dass ich Leidensgenossen und Angehörigen Tipps geben kann, dass ich ihr Leben etwas unkomplizierter machen kann.

Eine Konstante in meinem Leben, welche sich jedoch vor kurzem in Luft aufgelöst hat, war die Schule. Förderschule, Grundschule, Realschule und Gymnasium mit Abitur – ich hab da schon so ziemlich alles gesehen was es gibt. Dazu gehören auch viele Fehler seitens der Lehrkräfte, seitens mir und seitens meiner Mitschüler.

Als SSD – Betroffener hatte ich die klare Empfehlung, dass ich nach Trier in die Wilhelm-Hubert-Cüppers Schule gehen soll – eine klassische Gehörlosenschule. Damit verbunden einen Schulweg von 80km – unmöglich. Trotzdem habe ich die Schule für ein paar Tage besucht. Die Erfahrungen, welche ich dort machen konnte, haben meine Eltern darin bekräftig, dass ich eine Regelschule besuchen soll und zusätzliche Förderung nachmittags Zuhause bekomme – solange diese notwendig ist. Zweifelsohne die richtige Entscheidung, auch wenn mich interessieren würde, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn es anders gekommen wäre.

Die Grundschule habe ich also wie (hoffentlich) jeder von uns besucht und eine Sache fällt mir besonders auf, wenn ich im Nachhinein darüber nachdenke: Mir war es nicht wirklich bewusst, dass ich nur auf einer Seite höre. Ich habe mir zu keinem Zeitpunkt darüber Gedanken gemacht. Ich erinnere mich, dass ich überrascht war, als ich erfuhr, dass ich der einzige Schüler auf der Schule mit einer solchen Behinderung war. Es war für mich Normalität.

Das kann ich aber nicht von den Menschen um mich herum sagen. Meine Lehrerin hat sich wacker geschlagen, sie hatte auch schon einiges an Berufserfahrung aber auch sie hat die Fehler gemacht, die ich heute als klassische Fehler von Lehrern, die es nicht besser wissen und nur gut meinen, ansehe.

Beispielhalft sind hier Situationen, in denen ich einen Tadel bekam, da ich nicht gehört habe, dass ich gerufen worden bin, dass ich leise sein sollte, dass der Lehrer den Raum betreten hatte, dass ich beim Nachbarn nach der Aufgabe fragen musste, solche Dinge eben. Dinge, die nicht angenehm sind. Iich hab mir da aber nie was daraus gemacht.

Fehler waren natürlich auch, dass sie einfach gegen die Tafel gesprochen hat, wodurch bei mir nur noch ein unangenehmes Schallwirrwarr ankam (warum das so schlimm ist erkläre ich in einem anderen Text). Aber das hielt sich auch in Grenzen.

Alles in allem war die Grundschulzeit eher unspektakulär und meine Schwerhörigkeit hat mich kaum beeinträtigt. Ich war ein Kind und habe das gemacht, was Kinder eben so machen. Der Punkt, an dem ich mich mit Abstand am meisten geärgert habe war, dass meine Schwerhörigkeit Teil der Begründung war, warum ich nicht das Gymnasium besuchen sollte. Eine absolute Fehleinschätzung, wenn man es heute betrachtet.

Vielleicht war man einfach nur zu vorsichtig und wollte mich nicht überfordern. Ich bin kein Freund davon. Fordern, solange man nicht überfordert ist.

Die Realschulzeit war ein harter und nicht gewollter Cut. Viele Lehrer waren überrascht von mir, wussten nicht so richtig, wie sie eben diesen Drahtseilakt der richtigen Rücksicht schaffen sollen. Nach ein paar Jahren erkennt man diesen Typus Lehrer sofort, und das ist per sé auch nicht schlimm. Wenn ich mich in deren Situation versetzten würde, dann wäre das ganze wahrscheinlich nicht anders. Man merkt allerdings auch schnell, welche Lehrer sich ähnlich wie meine Grundschullehrerin verhalten und das ganze recht gut schaffen (manche Situationen sind immer ungünstig, da will ich die Goldwage nicht rausnehmen) und wer nicht so richtig weiß, wie er sich zu verhalten hat. Das endet dann in dauerhaften “vor mir stehen”, damit ich auch alles mitbekomme ebenso wie ständigem Augenkontakt – beides will kein Schüler. Da ich jemand war, dessen Mitarbeit zu den besten zählte, gab sich das ganze jedoch auch irgendwann, die Lehrer sahen das ganze mehr so, wie ich es in der Grundschule gesehen habe. Alles andere wäre auch mehr oder weniger lächerlich, da ich dauerhaft der Klassenbeste war.

Eine neue Problematik machte sich jedoch mit dem älterwerden breit. Wie ich es früher nicht gemerkt hatte, dass etwas anders ist, so haben meine Mitschüler es auch nicht gemerkt. Und will ich nicht abfällig über Realschulen und deren Schüler spreche – ich war ja selbst mal einer – aber, sagen wir es so: Ich war dort nicht sonderlich beliebt. Es war die völlig falsche Schule für mich, ich war gut und bekam trotzdem noch Hilfe von manchen Lehrern (was mir zunehmend unangenehm wurde, was jedoch trotzdem sinnvoll war, z.B. ein Sitzplatz in der ersten Reihe). Das Hörgerät, was ich zu dieser Zeit trug, war ein weiterer Grund, warum ich nicht dazugehörte. Es war ein Stempel, der mich als anders markierte. Für manche Menschen ist das kein Problem, für andere schon. Ich will das aber nicht alles auf das Hörgerät schieben, da gehört mehr dazu. Zu jedem, der mit einem Mono zu tun hat, kann ich aber nur sagen: Reduziert diesen Menschen nicht auf das eine Ohr. Achtet auf andere Dinge, Dinge, welche diesen Menschen auch wirklich auszeichnen und unterschätze sie nie, weil sie nur ein Ohr haben. Das sagt im Idealfall genau nichts über den Menschen aus.  Leider haben meine Mitschüler das damals nicht verstanden. Vielleicht hat es ihnen aber auch nur niemand erklärt.

Was dann hängen bleibt ist dann eigentlich nur der Satz in der letzten Woche, dass ich das Abitur sowieso nicht schaffen werde.

Was konnte ich also nun von einem Gymnasium erwarten? Altbau, ehemaliges Kloster, 3, 4 Meter hohe Räume, schlechte Akustik in fast allen Räumen, vor allem in der Aula.

Auf jeden Fall Verständnis und Interesse. Dort habe ich das erste Mal Menschen erklären können, was genau mein Problem ist und was sie und ich dagegen tun können (was Alexander hier ja auch schon getan hat). Wirklich befasst mit dem Thema „hören“ habe ich mich selbst erst seit der Oberstufenzeit am Gymnasium. Es war ein völlig anders Leben, weniger geordnet, schneller und mit der Veränderung kam die Schwierigkeit, meinen Lebensinhalt auf das eine Ohr auszurichten. Man muss mutig sein, andere darauf aufmerksam machen und wissen, wo man hingehen sollte und wo nicht (dazu an anderer Stelle mehr).

Ich erinnere mich an Essen in einem Restaurant mit, in dem ich nahezu nichts von dem verstanden habe, was gesagt wurde, weil die Leute, mit denen ich da war, “auf meiner falschen Seite” saßen. Das war mein Schicksal, wenn ich 2 Minuten zu spät kam, nicht nur an diesem Abend. Aber heute würde mir das heute nicht mehr passieren. Ich war vielleicht feige, vielleicht etwas überfordert, aber trotzdem hätte ich mit jemanden den Platz tauschen sollen. Und wenn das nicht geht, dann ist das nicht mehr meine Gesellschaft. In jedem Fall der vielleicht unangenehmste Abend, den ich je erlebt habe.

Auf die Schule lässt sich das ganze 1 zu 1 übertragen. Jetzt waren es nicht mehr die Lehrer, die groß Rücksicht genommen haben, sollten sie ja auch nicht. Jetzt war es an mir, alles zu verstehen. Das ging mal mehr, mal weniger gut. In jedem Fall saß ich nach und nach in allen Räumen irgendwann auf dem Platz, wo ich am besten hören konnte. Früher gab es hier noch die zwei Typen von Lehrer: die einen fragten, wo man sitzen soll, die anderen wollten nicht, dass man gegen die heilige Sitzordnung verstößt. Hier war es einfach egal, kurz: so, wie es ein soll. Mit 17, 18 und 19 Jahren sollte man langsam auch selbstständig werden, das Ganze sollte auch gefördert werden.

Abschließen will ich an diejenigen, die sich fragen, ob der Besuch einer Regelschule mit nur einem Ohr möglich ist sagen, dass das grundsätzlich eine Entscheidung ist, die vom Kind selbst anhängig ist. Ich glaube aber, dass man das mit der richtigen Unterstützung und mit ein wenig Glück mit der Schule selbst, schaffen kann. Das Abitur habe ich selbst im März dieses Jahres absolviert – in den Top 5 aus 113 Abiturienten. Was würde meine Grundschullehrerin wohl dazu sagen, wenn sie wüsste, wie daneben sie lag? Egal.

An alle Monos selbst kann ich daher auch nur sagen, dass ihr euch nie sagen lassen sollt, dass ihr etwas nicht könnt. Wichtig ist, ob man etwas will. Wenn ihr einen anderen Weg als ich gehen wollt, dann ist das auch völlig in Ordnung. Sprecht mit euren Eltern, euren Freunden und Ärzten und trefft dann eine nicht voreilige Entscheidung über eure Schullaufbahn.

Ich hoffe, ich konnte einigen Menschen mit diesem Text helfen. Ich plane weitere Texte, unter anderem eine Serie der Orte, welche für einseitig taube Menschen am schlimmsten sind. Wer noch Fragen/ Anregungen/ Wünsche hat, der kann sich bei mir unter jonas.k.996@live.de melden.

Gibt es ein Grundrecht auf Jammern?

So ist einseitige Taubheit!

Inspiriert durch mehrere tiefgründige Gespräch habe ich beschlossen, meine Gedanken zum Themenfeld Jammern niederzuschreiben. Ich persönlich empfand es häufig als Herausforderung, jemanden beim Jammern über vermeintliche Lappalien zuzuhören. Häufig klinkte ich mich dann aus dem Gespräch aus und suchte das Weite. Reagierte ich da übertrieben empfindlich oder hart und muss an meiner Empathie arbeiten? Oder war diese Abneigung manchmal gerechtfertigt? Ich habe mich viel mit dem Thema Jammern in schweren Lebensphasen auseinandergesetzt und zum Glück Lösungswege für die Rolle des Betroffenen und des Gesprächspartners gefunden und dadurch meinen inneren Frieden mit dem Thema schließen können.

Das Thema Jammern ist sehr vielschichtig. Zunächst einmal möchte ich klar stellen, dass in meiner Definition das Wort Jammern, entgegen des allgemeinen Gebrauchs, nicht nur als negativ konnotiert betrachtet werden darf. Vor diesem Hintergrund möchte ich erörtern: Was sind die unterschiedlichen Motivationsgründe für Menschen zu Jammern?

1) Jammern als temporäres Überdruckventil der Seele

Für den Menschen ist Jammern ein Überdruckventil, um persönliche Dinge zu verarbeiten. Teile der Psyochologie gehen sogar so weit, dass das Jammern nach einem Schicksalsschlag zwingend notwendig ist zur Seelenreinigung, damit keine weiteren emotionalen Schäden dadurch ausgelöst werden. Jammern ist aus diesem Aspekt betrachtet eine, für den Menschen, wichtige, ja sogar notwendige Gefühlsäußerung mit produktiven Eigenschaften für das Individuum. Ich persönlich bemühe mich tendenziell das Positive zu sehen und in Lösungen zu denken. Nach meiner schlagartigen Erkrankung stellte auch ich mir zeitweise die Fragen: Wieso ich? Warum? Hätte es verhindert werden können?

Halten wir fest: Jammern ist ein natürliches Überdruckventil der Seele, das temporär einen positiven Nutzen besitzen kann. Manche gehen dabei introvertiert, andere extravertiert vor. Beides ist aus meiner Sicht zulässig und Charaktersache. Diese Form des Jammerns ist temporär auf einen Verarbeitungsprozess begrenzt.

Doch wie groß muss die Ursache für das Jammern sein, damit das Überdruck-Jammern gerechtfertigt ist?

Hier lautet die ernüchternde Antwort: Der Maßstab ist natürlich individuell und man darf sich keine Wertung anmaßen. Natürlich existieren für Menschen Probleme, die ich nicht in dieser Intensität nachvollziehen kann. Das sind häufig Dinge, die z.B. weder existenzbedrohend, noch alternativlos und nur von begrenzter Dauer sind. Es wäre jedoch anmaßend, den eigenen Maßstab und die eigenen Leidensgrenzen auf andere anzulegen! Das wäre egozentrisch und wertend. Der Gegenüber empfindet ja tatsächlich das Problem als Problem, somit ist das Problem für ihn eine Realität!

Zur Veranschaulichung:

Treiben wir diesen Gedankengang auf die Spitze. Was wäre, wenn die Existenzberechtigung für Jammern damit verknüpft ist, dass nur jemand jammern darf, dem ein größeres Leid widerfahren ist als seinem Gegenüber? Dann dürfte nur ein armes Schwein auf dieser Welt berechtigt jammern, der das größte Leid von allen erfährt.

Fazit Überdruck-Jammern:

Das Überdruckjammern wird introvertiert oder extravertiert ausgelebt und hat zeitlich limitiert eine produktive Rechtfertigung, da es als Überdruckventil der Seele agiert. Der Auslöser des Jammerns darf  moralisch nicht von Gegenüber in Frage gestellt werden, wenn es sich dabei um eine gefühlte Realität des Jammernden handelt. Ist man selbst in der Phase des Überdruck Jammerns sollte man versöhnlich mit sich umgehen und es auch für sich zulassen. Sobald der „Druck“ jedoch auf ein aushaltbares Maß innerlich gesunken ist sollte man die eigene Opferrolle verlassen und nach vorne schauen.

Selbsthilfe Überdruck-Jammern:

Hierbei hat mir im oben genannten konkreten Beispiel der Pflegefallsituation geholfen, mich darauf zu besinnen, was ich noch kann und den Fokus weg vom Verlust zu richten.

Was ist heute besser? Was wird sich wohl noch verbessern? Was ist nicht betroffen von der Akutsituation? War es vielleicht sogar Glück im Unglück?

Dass diese Denkweise je nach schwere der Situation umso schwieriger und der Weg dort hin umso steiniger sein kann, ist dabei selbstverständlich. Das ändert aber leider nichts an der Tatsache, dass es sich lohnt ihn zu gehen anstatt zu resignieren und stehen zu bleiben.

Fremdhilfe Überdruck-Jammern:

Als Gesprächspartner sollte man den Jammernden ernst nehmen und seine Empfindungen nicht klein oder wegzureden versuchen. Auch sofort mit Lösungsansätzen zu kommen muss dabei nicht hilfreich sein. Einfach erstmal aktiv zuhören und für den anderen da sein kann wahre Wunder bewirken. Anschließend kann man beginnen, den Jammernden auf seinem Weg zu begleiten und vorsichtig zu lenken. Gehen muss diese Person den Weg jedoch selbst. Ein Bemitleiden und „Oh Gott, du Armer“ und „Wie schlimm“ empfinde ich nicht als hilfreich. Ein aufrichtiges „Es tut mir Leid, dass du diesen Weg gehen musst, aber ich bin für dich da“ kann Balsam für die Seele sein.

2) Jammern als Konversationsbaustein

Andere Menschen wiederum verwenden Jammern als Gesprächsbaustein, wie manche das Thema Wetter. Gemeinsames Jammern „Der neue Chef verlangt viel zu viel von uns“ kann die zwischenmenschliche Beziehung auf sehr einfache Art und Weise stärken.

Fazit Konversations-Jammern:

Ich denke, auf dieses Jammern kann ohne Probleme verzichtet werden und man sollte seinem Gegenüber alternative Gesprächsbausteine anbieten.

3) Ich Jammere, also bin ich

Bei anderen ist Jammer zu einer Lebenseinstellung geworden, was daran zu erkennen ist, dass nicht nur über das eigene Schicksal, sondern über die Politik, die Gesellschaft, die äußeren Umstände etc., kurz einfach über alles ständig gejammert wird. Die Opferrolle kann verleiten, da sie  verdammt bequem und einfach ist. Zuneigung kann dadurch kassiert werden. Leider wird dabei von den Betroffenen häufig übersehen, dass die eigene Opferrolle verhindert, Zufriedenheit zu erlangen! Man verbaut mit der uneingeschränkten Opferrolle den eigenen Weg zum inneren Glück, das nicht von Außen kommen kann! Jeglicher Handlungsspielraum zur Verbesserung der Situation wird von einem selbst abgesprochen.

Fazit Lebenseinstellungs-Jammern

Die Opferrolle ist bequem, jedoch nicht produktiv und notwendig. Man kann als Lösung seinem Gegenüber Fragen stellen, was er gegen sein Problem unternehmen möchte und an die gemeinsame Verantwortung appellieren.

Das sind meine persönlichen Überlegungen zum Thema Jammern, die mir erfolgreich helfen, individuell das Thema betrachten und bewerten zu können.

Wie ist ein Tag ohne CI? Wie überstehe ich den nur?!

CI - Alltag mit dem Sprachprozessor, So ist einseitige Taubheit!

Montag Morgen. Leichte Müdigkeit. Zwillinge haben in der Nacht Rambazamba gemacht. Kaffee nur noch koffeinfrei da. Zu spät aufgewacht. Schnell, schnell fertig machen. Tschüss Jungs, tschüss Frau, tschüss Hund. Auto, los….

So, nun legt sich der Stress und ich rolle gemütlich Richtung Arbeit. Doch warum hab ich nur dieses merkwürdige Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmt? Naja egal, Radio an. Hmmm.. bin ich so kaputt, dass ich mich überhaupt nicht konzentrieren kann? Ich bekomme einfach nichts mit von dem Interview, dass da gerade läuft. Auto fahren und den Inhalt verarbeiten, das klappt gerade nicht wirklich. Scheiß Müdigkeit…

Und was ist das? Oh man, der Tinnitus knetet mein Restbewusstsein durch, was nur geht. Der ist mir schon ewig nicht mehr so aufgefallen beim Autofahren. Da hilft das CI schon super …………. das CI!

Jetzt macht alles Sinn, klar Montag Morgen kann ein Grund sein für eine schlechte Konzentration und zwei Nachtmonster ebenfalls. Aber das ist ja mein normaler Alltag, der mich sonst nicht so beeinträchtigt. Ich habe in der Eile das CI vergessen anzulegen. Umdrehen? Oh, da ist ein riesiger Stau auf der Gegenfahrbahn, da müsste ich dann anstehen. Naja, was solls… Werde den Tag schon rumbekommen. Habe ich ja auch über ein Jahr lang geschafft. Das Radio mache ich nun erstmal aus, damit ich mich besser auf die Straße konzentrieren kann. Der Tinnitus gibt den Beat vor 🙂

Rein ins Büro, die Kollegen sitzen bereits bei der Frühstückspause zusammen. Bin ja etwas später heute. Puh ist das anstrengend. Sonst verstehe ich eigentlich alles in unserer Runde, doch heute ist das anders. Drehe ständig meinen Kopf hin und her. Was? Wie bitte? Oh man, fühle mich wie 90 gerade. Ein Kollege hat eine besonders tiefe und ruhige Stimme. Da hilft selbst die stärkste Kopfdrehung und Konzentration nichts.

Pause vorbei, nun erstmal ein paar Berechnungen in Excel programmieren. Ein Genuss für mich eigentlich für einen Montag Morgen (nein, kaum zu glauben aber das ist wirklich keine Ironie 😉 ). Doch die Schaltvorgänge gehen heute etwas weniger flüssig in meinem Oberstübchen. Nach einem Kaffee mit viel Koffein gehts wieder besser.

Mittags lasse ich die Kantine ausfallen. Viele Menschen in einem großen Raum und kein CI ist suboptimal. Da bleibe ich lieber im ruhigen Büro, will ja Kraft tanken und nicht verlieren.

Nachmittags halte ich eine Präsentation. Ich setze mich gleich an die Pole Position, damit mein akustisches Ohr den kompletten Raum orten kann. Da ich überwiegend rede, macht die Präsentation richtig Spaß und ich übertöne selbst den Tinnitus 😀

Nach dem Meeting spreche ich mit einem Kollegen, den ich in diesem Jahr noch nicht getroffen hatte. Moment, kurzer Seitenwechsel beim Laufen, damit mein gesundes Ohr auf der richtigen Seite ist. Wir unterhalten uns kurz über mein Wohlbefinden und ich erzähle ihm von der CI OP und wie froh ich über diesen Zugewinn an Lebensqualität bin. Unter Ingenieuren ist das technische Interesse immer sehr groß an dem Thema 😉 Leider kann ich ihm den Sprachprozessor und die Spule gar nicht zeigen, da ich diese ja vergessen habe.

Der Abend bricht an und ich beende den Arbeitstag. Mein Kopf brummt etwas, der Tinnitus summt fröhlich wie immer und ich fühle mich wieder richtig müde.

Zuhause angekommen begrüßen mich meine Frau mit den Kinder, der Hund und ….. mein CI! Da schlummert das Kleine in der Trockenbox. Sofort lege ich es an und zack, da ist das schöne neue Klingeln und Bimmeln! Nun fühle ich mich wieder vollständig. Merci, dass es dich gibt 🙂 Nun ab zu den Kindern!

Résumé: Wie ist das Hören nach dem 1. Monat mit CI bei einseitiger Taubheit?

CI - Erstanpassung und Reha, So ist einseitige Taubheit!

Etwas mehr als ein Monat ist nun vergangen, seitdem das Cochlea Implantat mein taubes Ohr wiederbelebt hat. Zeit für ein erstes, persönliches Résumé.

Retroperspektivisch betrachtet bin ich sehr froh, mich FÜR das CI entschieden zu haben, weil:

1) mein Tinnitus tritt deutlich in den Hintergrund, solange das CI aktiv ist

2) mein Sprachverständnis ist besser geworden

3) die Ansprechbarkeit auf der tauben Seite ist gegeben

4) ein Gefühl von Raumklangempfindung ist bei mir wieder vorhanden

5) Geräuschüberempfindlichkeit ist reduziert auf der gesunden Seite

zu 1) Boah, nun fällt mir es richtig auf, wie sehr der Tinnitus der tauben Seite meine Wahrnehmung eigentlich beeinträchtigt. Schalte ich das CI kurz aus beim Gespräch, so strengt es mich mehr an diesem zu folgen. Der Kontrast ist sehr deutlich spürbar, da der Tinnitus sofort nach Deaktivierung in voller Stärke ins Bewusstsein drängt.

Zur Veranschaulichung, was in meiner Tinnitus Wahrnehmung passiert:

A) CI aus:

Primärwahrnehmung (selbst bei lauter Umgebung) ist Tinnitus

Sekundärwahrnehmung ist akustische Umwelt (gesundes Ohr)

B) CI ein:

Primärgeräusch ist akustische Umweltwahrnehmung (gesundes Ohr)

Sekundärgeräusch ist elektrische Umweltwahrnehmung (über das CI)

Tertiärgeräusch ist Tinnitus

Was für ein Wandel! Der Tinnitus wird nicht unbedingt weniger, sondern er rutscht mehrere Ebenen in der Wahrnehmung nach hinten. Was für ein Segen!

=> besseres Sprachverständnis

=> geringere Anstrengung

=> geringere Ermüdung

2) Das Sprachverständnis ist deutlich verbessert, was sich auch in den Sprachtests zeigt. So kann ich auch bei Störgeräuschen, z.B. in der Innenstadt, den Gesprächen deutlich besser folgen. Die akustische Wahrnehmung ist weniger mit Anstrengung verbunden.

3) Meinen Kopf halte ich nun immer öfter gerade in Gesprächen und muss ihn nicht mehr zur Seite drehen. Der Körper wird mir diese verbesserte Haltung hoffentlich danken. Die Körpersprache ist dadurch auch wieder verbessert, da eine gedrehte Kopfhaltung in der Kommunikation fehlinterpretiert werden kann vom Gegenüber. Ich bin beim Spazierengehen z.B. mit meiner Frau auch nicht mehr auf eine Seite beschränkt (gesundes Ohr zu ihr), wobei ich das weiterhin bevorzuge. Ich hatte nun schon öfters die Situation, dass ich es rein über die CI Wahrnehmung erkannte, wenn ich angesprochen wurde auf der tauben Seite. Natürlich suche ich mir es weiterhin zu Hause aus, ob ich etwas verstanden habe, wenn meine Frau mich ruft 😉

4) Das Gefühl „Ich sitze in einer Schachtel und habe einen Korken im tauben Ohr“ ist weg und der Klang fühlt sich wieder voller und umfassender an. So kann ich beim Autofahren wieder Musik hören, ohne dass mich das zu sehr ablenkt. Das Klavierspielen habe ich ebenfalls wieder angefangen. Nach den fürchterlichen Klangeindrücken nach der einseitigen Ertaubung hatte ich dieses frustiert vorübergehend aufgegeben…

5) Nach meiner Ertaubung musste ich temporär mit Gehörschutz zu Hause herumlaufen (im Vergleich zu drei kleinen Jungs ist ein startender Düsenjet nichts 😀 ), da sich eine laute Geräuschumgebung wie seelische Gewalt anfühlte. Nun stressen und verletzen mich laute Geräusche nicht mehr überdurchschnittlich. Das Cros habe ich nach der Arbeit immer abgelegt (da war nicht dieser Effekt), das CI trage ich permanent.

Sport und Sauna

Ich habe wieder angefangen (8 Wochen nach OP), regelmäßig Sport zu treiben (Fitness und Laufen). Ich merke keine Beeinträchtigungen durch das CI. Im Gegenteil: es ist unglaublich toll, beim Joggen wieder Windgeräusche und das Auftreten der Füße auf beiden Ohren zu hören! Irgendwie bin ich dadurch auch etwas besser im Gleichgewicht. In die Sauna gehe ich ebenfalls wieder (ohne Sprachprozessor versteht sich, wobei das mit Einschränkungen mit dem Aqua+ Kit wohl möglich sein soll).

Schlafen und Wundheilung

Schlafen ohne Probleme ist ebenfalls wieder auf der OP Seite möglich. Eine Berührungsempfindlichkeit der Narbe liegt nur noch ganz schwach vor.

Gesellschaftliches Leben

Nach meiner einseitigen Ertaubung habe ich große Menschenansammlungen und laute Umgebungsgeräusche vermieden. Nun war ich wieder mit meiner Frau und Freunden einmal in einer Kneipe und einem Restaurant. Wenn ich den Sprachprozessor abnehme, ist der Tinnitus sofort im Vordergrund und ich erhalte ein beklemmendes Gefühl (sogar bei dieser lauten Geräuschkulisse!). Die Umgebungsgeräusche erdrücken einen förmlich. Schnell wieder den SP ran an den Kopf und ich fühle mich wieder viel wohler und verstehe die Gespräche deutlich besser!

Arbeit

Auf der Arbeit empfinde ich mich leistungsfähiger mit CI und ermüde weniger bei Gesprächen. Meine Kollegen sind super interessiert an dem Ding an meinem Kopf (Ingenieure lieben eben Technik 🙂 ). Wenn ich erzähle, dass ich nun nur noch bis 1,5 Tesla zugelassen bin, dann habe ich die Lacher auf meiner Seite (das finden aber glaube ich nur Leute witzig, die mit Magnetfeldern arbeiten 😉 ).

Wow Effekt:

Stellenweise habe ich den Eindruck, auf beiden Seiten die gleiche Geräuschwahrnehmung zu besitzen. Was für ein tolles Gefühl, wie mit zwei gesunden Ohren! War mir gar nicht bewusst, dass das möglich ist mit einem CI!

Zum Beispiel:

beim Hören von elektrischer Musik

das Plätschern von Wasser

das Wehen von Wind um die Ohren

Fazit 1. Monat mit aktiviertem Cochlea Implantat:

Unterm Strich ist meine Lebensqualität als einseitig Ertaubter deutlich mit Cochlea Implantat gestiegen. Das Cros war in der Vergangenheit eine kleine Hilfe (konnte nur bei Punkt 3 helfen), das CI ist verglichen dazu ein deutlicher Quantensprung.

Die Klangqualität des CI ist deutlich schlechter und anders als die akustische Wahrnehmung über das gesunde Ohr (keine Illusionen da machen!).

Jedoch stört mich das nicht, auch wenn sich ein leichtes Hallempfinden der beiden Wahrnehmung bei mir einstellt (CI Ohr ist leicht zeitversetzt). Ich empfinde es von Anfang an als Bereicherung und trage das CI den ganzen Tag!

Ich kann zum Glück ein sehr positives Fazit für mich persönlich ziehen, nach all den Höhen und Tiefen im Vorfeld. Ich kann nun gar nicht mehr nachvollziehen, wieso ich mir so unglaublich viele Gedanken im Vorfeld machte, ob ich die Operation wagen soll. Hätte ich doch nur die Informationen schon früher gehabt 🙂

Nichts desto trotz möchte ich wie üblich betonen, dass das meine persönlichen Erfahrungen sind und leider keine Allgemeingültigkeit besitzen. Die medizinischen Voraussetzungen (vor allem die Ertaubungsdauer) sind einfach zu verschieden, genau so wie der individuelle Lernprozess und der psychologische Umgang mit dem Thema.

Ich hoffe, ich kann Mut allen Unentschlossenen mit meinen Erfahrungen machen, wenigstens zur Voruntersuchung zu gehen und die medizinische Machbarkeit abzuklären. Alles andere ist sonst nur Spekulation im Vorfeld. Die VU kostete mir lediglich 20 € Zuzahlung und zwei Tage Untersuchungen mit warmen Mahlzeiten und netten Leuten dazwischen 😉 Dafür kann sie der mögliche erste Schritt in ein neues akustisches Leben bedeuten. Nur Mut!

Diskussion zu CI bei einseitiger Taubheit findest du hier im DCIG Forum.

CI und Musik – geht das?

CI - Erstanpassung und Reha, So ist einseitige Taubheit!

Was die Champions League für den Vereinsfußball ist, ist die Musik für das Gehör. Umso mehr stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, was mit diesem Quell der Lebensfreude passieren kann, wenn das Gehör versagt? CI und Musik, geht das? Elektro vs. Akustik? Mono vs. Stereo?

Hier (inspiriert durch meine Musiktherapeutin) eine sehr persönliche Gegenüberstellung meiner Erfahrungen mit Musik in den Lebensphasen Stereo, Mono und Elektrisch

Epoche 1: Musik mit zwei gesunden Ohren

Lieblingsmusik

In meinem Leben mit zwei gesunden Ohren habe ich fast alle Arten von Musik gerne gehört.

Musik im Auto

Als Pendler habe ich häufig im Auto die Musik nach Feierabend aufgedreht, um die Arbeitsgedanken zu vertreiben. Von BigFm bis Klassikradio hörte ich mir alles an.

Voll auf die Ohren

Konzerte, Festivals, Discos, randvolle Kneipen. An vielen Orten in den unterschiedlichsten Lautstärken und Formen konnte ich Musik genießen

Musizieren

Wirklich viel Musik selbst habe ich in meinem Leben nicht gemacht, abgesehen von ein wenig Keyboardunterricht in der Kindheit und selbstbeigebrachtes Klavierspiel nach dem Studium.

Epoche 2: Musik nach der einseitigen Ertaubung

Musik im Auto als SSDler

Musik höre ich beim Pendeln seit dem einseitigen Ertauben nicht mehr, denn mein gesundes Ohr ist sehr geräuschempfindlich geworden. Zudem raubt mir leider das asymmetrische Hören von Musik viel Konzentration. Durch die einseitige Ertaubung gewinne ich keine Kraft mehr aus der Musik sondern werde erschöpft. Die Aufmerksamkeit sinkt, was im Straßenverkehr ja nicht unbedingt so vorteilhaft ist… Deshalb höre ich eigentlich nur noch Deutschlandfunk beim Pendeln, da Reportagen komischerweise besser aufgenommen werden können.

Voll auf die Ohren, ähm das Ohr

Dass ich nun (abgesehen von den drei kleinen Gründen mit je zwei Beinen bei mir zu Hause) kein Stammgast in Discos, Heavy Metal Festivals und randvollen Kellerkneipen bin, ist glaube ich nicht schwer zu erraten.

Festivals und Co als SSDler

Wobei, letztes Jahr schleppte mich meine Frau zum Glück auf mein erstes „Mono“ Festival („Das Fest“ in Karlsruhe). Mit Gehörschutz klappte das trotz anfänglicher bedenken erstaunlich gut. Einmal verrutschte er mir jedoch und ich bekam die absolute Oberkrise, als plötzlich dieser Lärmpegel auf mein Weichei-Ohr traf 🙂 Unterhaltungen waren bei den lauten Umgebungsgeräuschen nur sehr eingeschränkt möglich (der Gehörschutz lässt jedoch die hochfrequenten Töne der Sprache einigermaßen durch). Die Musik konnte ich beim Festival ganz gut aufnehmen, da zum einen das Flair, zum anderen das Vibrieren der Musik im Körper das Musikerlebnis abrunden. Diese Wahrnehmungen werden nicht durch den einseitigen Gehörverlust gemindert. Man sollte sich ja immer mehr darauf fokusieren, was man noch kann, als auf das, was man nicht mehr kann (halte ich meiner Oma bei anderen körperlichen Leiden immer vor, warum soll das nicht auch für mich zutreffen?! 😉 ).

Klassisches Konzert als SSDler

Der Besuch eines klassischen Konzerts (mag ich eigentlich sehr gerne) war leider sehr ernüchternd nach der einseitigen Ertaubung. Das herrliche Klangvolumen, das den Raum sonst wie Honig flutet, war gänzlich nicht mehr vorhanden. Das Orchester spielte gefühlt direkt in meinem gesunden Ohr (es schrumpft quasi auf eine Singularität) und nicht im Zentrum der Bühne vor mir. Auf der anderen Seite schrillte der Tinnitus und zelebrierte seinen Triumpf über die schönen Klänge der Welt. Er rieb es mir förmlich unter die Nase, dass er eindringlicher und lauter ist als alles andere. Die räumliche Zuordnung war auch nicht mehr möglich und somit das Fokusieren auf einzelne Instrumente hinfällig. Bei Solostücken hätte ich heulen können, da ich vor allem Tinnitus wahrnahm. Das war ein halbes Jahr nach der Ertaubung.

Musizieren als SSDler

Das Klavierspiel habe ich aufgehört, da das fehlende Klangvolumen selbst für mich als wenig anspruchsvoller Hobbyklimperer zu deprimierend war.

Epoche 3: Musik mit CI

Hoffentlich ändert sich das nun wieder etwas mit dem Cochlea Implantat. Ich kann es kaum glauben, dass ich Musik zum Teil drei Tage nach der Inbetriebnahme ganz akzeptabel wahrnehmen kann, jedoch natürlich nicht natürlich 🙂 Einem Rythmus kann das egal sein!

Hier eine kurzer Beitrag zur Problematik von Musik und Cochlea Implantat:

Für alle nicht CI’ler habe ich ein Simulationsbeispiel gefunden, wie ein geübter CI’ler nach jahrelangem Training Musik wahrnehmen kann:

Mein CI (Cochlear) hat übrigens 22 Kanäle in Bezug auf das Video.

Klassische Musik mit CI

Einen guten Einstieg in die Welt der Musik mit CI bieten, meiner beschränkten Erfahrung nach, langsame Klavierstücke wie dieses hier:

Akustisch und elektrisch wunderbar ansprechend und interessant im Wechsel von Rhytmus, Melodie, Lautstärke und Klangfarbe! Ich gebe mein Bestes das Positive zu entdecken und nicht den Fokus auf dem Unnatürlichen zu lassen. Das Negative versuche ich mit Humor zu nehmen, z.B. muss ich bei diesem Stück mit dem wütenden Gorilla. herzhaft unter dieser Vorstellung lachen 😀

Schlecht bis gar nicht gehen Gesang (hohe Stimmen) und Streichinstrumente. Bei diesem Stück habe ich das Gefühl, dass der Sprachprozessor jeden Moment durchschmilzt und explodiert (Stelle ab 1:50) :

Der Akku des Sprachprozessors stirbt vermutlich nach 20 Minuten an Überlastung 🙂 Da feuern die Elektroden aus allen Rohren auf den Hörnerv ein Impulsgewitter ab!

Ein Orchester stellt also noch eine absolute Überforderung dar. Solche Stücke halte ich mal vorerst vom CI fern…ob das jemals klappen wird mit CI?

Voll auf die Ohren mit CI

Machen wir mal einen geschwinden, aber knallharten Genrewechsel. Mir hat es die Socken ausgezogen, als ich den Track von Benny Benassi aus Spaß gestartet habe:

Das klingt größtenteils nahezu Original im CI! Gut, wenn die Frau singt, dann klingt das nicht nach Frau (könnte auch 50 Cent sein 😀 ), nicht einmal nach einer Roboterfrau . Aber die elektrischen Geräusche kommen zum Teil im CI extrem gut rüber (z.B. ab 0:17)!!!! Unfassbar!!!!! Ein rießiges AHA Erlebnis. Auf beiden Ohren den gleichen Höreindruck, was für ein unglaubliches Gefühl! Hätte mir nicht zu träumen erlaubt, dass ich das noch in meinem Leben je wieder genießen darf! Ja, es ist möglich unter ganz bestimmten Voraussetzungen mit einem CI den gleichen Sound wahrzunehmen wie auf dem gesunden Ohr!!!! Das habe ich bisher noch nirgendwo gelesen oder gehört, aber bei dieser Stelle ist es für mein subjektives Empfinden Realität. Lang lebe die Technik und der Techno 😉

Generell lässt sich bei perkussiver Musik gut der Rhytmus erkennen:

Klingt etwas verzerrt zum Teil mit CI, aber im Intro sonst richtig gut. Manchmal, wenn zu viele akustische Eindrücke sich überlagern (z.B.1:20), geht dem CI gefühlt der Saft aus und die Klangschärfe und der Schalldruck lassen deutlich nach.

Ich lasse fürs Musik hören das CI an. Ich finde das wertet das Klangvolumen auf und ich fokusiere mich darauf. Wie macht ihr das?

Musizieren mit CI

Zu Hause nach der EA möchte ich mich wieder ans Klavier spielen wagen. Das wird mir sehr von meiner Musiktherapeutin empfohlen, da es die Neuvernetzung im Gehirn anregt (Verknüpfung elektrisches und akustisches Hören über Klang, Sehen, Erfahrung und Bewegen). Das Richtungshören kann dadurch wieder gefördert werden.

Fazit

So, das war ein breiter Schwenk durch das Thema Musik in allen akustischen Lebenslagen! Dieser Beitrag wird bestimmt in Zukunft noch viel von mir und anderen ergänzt werden.

Man merke: Was für Oma gut ist, ist auch für einen selbst gut 😀  (Wer den Artikel gelesen hat wirds verstehen)

Musik und CI kann funktionieren, es ist eine Frage der Erwartungshaltung und des persönlichen Fokus. Einseitig Taube haben zum Glück noch die Möglichkeit, das akustische Hören zu genießen und mit dem CI etwas mehr Fülle zu verleihen. Akustik- und Elektro-Ohr können sich ergänzen und sind nicht zwangsläufig im Gegensatz.

Unter ganz bestimmten Umständen kann der Höreindruck auf dem CI Ohr mit dem gesunden Ohr übereinstimmen und ein tolles Klangerlebnis stellt sich ein.

Diskutiert wird das Thema hier im Forum. Ich freue mich über Tipps und Erfahrungen rund um das Thema Musik in Verbindung mit SSD und CI!

 

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So ist einseitige Taubheit!

So ist einseitige Taubheit!

Warum kann ein gesunder Mensch die Beeinträchtigung von einseitiger Taubheit nicht nachvollziehen („Ein Ohr funktioniert ja noch…“)?

1) Man sieht diese Beeinträchtigung niemanden an (außer der Betroffene trägt natürlich ein CI/Cros/Baha…)

2) Selbst wenn sich jemand mit zwei gesunden Ohren ein Ohr zuhält, nimmt er noch viel mit diesem Ohr wahr, denn: Der Schall wird auch über Knochenleitung weitergegeben!

Die Auswirkungen von einseitiger Taubheit für den/die Betroffene/n:

image[1]

image[5]

Die Geometrien stehen für unterschiedliche Geräuschquellen, die Farben für unterschiedliche Frequenzen, die geraden Striche für die Störeinwirkung von Tinnitus. Rechts ist es viel schwieriger, sich auf ein Geräusch (Geometrie) zu konzentrieren, denn:

=> Keine Richtungen können mehr gehört werden! Zum Richtungshören brauchen wir zwei funktionsfähige Ohren!

Empfindung aus dieser Konsequenz: Ein 2D Geräuschbrei zwängt sich durch nur noch einen Gehörgang

=> Geräuschüberempfindlichlkeit auf dem verbleibenden Ohr (Hyperakusis)!

=> Geräusche können nur durch Filter mit Gehirnleistung (mehr Konzentration) entwirrt werden, nicht mehr intuitiv über Richtungszuordnung!

=> bei spätem Gehörverlust heißt Taubheit nicht gleich Ruhe! Das ist wie wenn das Antennenkabel vom Fernseher gezogen wird und plötzlich kommt ein lautes, wildes Rauschen! Die Hardware (Gehirn+Hörnnverv) funktioniert noch, jedoch kommen keine brauchbaren Signale mehr rein, weil die Schnittstelle (Haarzellen) zerstört wurde. Ein wilder Geräuschkampf tobt (Tinnitus)!!! Taub ist lauter Kampf der wilden, umgebungsunabhängigen, permanenten Geräusche! Immer und rund um die Uhr!

=> Quelle aller Geräusche erscheint direkt vor der Ohrmuschel oder im Kopf! Keine räumliche Wahrnehmung! (fühlt sich an wie ein Sitzen in einer Schachtel)

Leider haben viele Menschen/ die Rentenversicherung/ die Krankenkassen immer noch die Einstellung, dass SSD nur eine geringe Beeinträchtigung darstellt. Dabei sprechen die Statistiken (Depression, Ermüdung etc deutlich erhöht bei SSD) für sich!

Beispiele:

Ich wurde nur mit Grad 20 vom Amt für Versorgung als Beeinträchtigung eingestuft (Verlust Gehör und Gleichgewichtsorgan einseitig, Tinnitus).

Mein Antrag auf „Mittel zur Anteilhabe am Berufsleben“ wurde von der DRV Bund für ein Cros Hörgerät abgewiesen.

Die Krankenkasse würde nur einen symbolischen Beitrag für ein Cros Versorgungsgerät zahlen (ca. 30%).

Auswirkung der einseitigen Taubheit auf den Beruf:

Als Projektleitung kommuniziere ich mit Teammitglieder/Mitarbeiter/Zulieferer und sitze viel in Besprechungen. Das bedeutet, dass ein optimaler Höreindruck sehr wichtig für meine Tätigkeit

Ohne Hilfsmittel (Cros, Baha) muss ich immer meinen Kopf gedreht halten, um einem Gespräch zu folgen.Diese veränderte Körpersprache kann vom Kommunikationspartner fehlinterpretiert werden (Arroganz, Desinteresse).

Haltungsschäden auf lange Zeit sind vorprogrammiert.

In einer Besprechung kann ich nicht gleichzeitig schreiben und zuhören, wenn auf der tauben Seite gesprochen wird, da ich meinen Kopf drehen muss.

Fazit:

Einseitige Taubheit ist belastender für die Betroffenen als man vielleicht sich als gesunder Mensch vorstellen kann (hätte ich früher auch nicht). Ich hoffe mein Beitrag kann mehr gegenseitiges Verständnis vermitteln.

 

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