CI und Musik – geht das?

CI - Erstanpassung und Reha, So ist einseitige Taubheit!

Was die Champions League für den Vereinsfußball ist, ist die Musik für das Gehör. Umso mehr stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, was mit diesem Quell der Lebensfreude passieren kann, wenn das Gehör versagt? CI und Musik, geht das? Elektro vs. Akustik? Mono vs. Stereo?

Hier (inspiriert durch meine Musiktherapeutin) eine sehr persönliche Gegenüberstellung meiner Erfahrungen mit Musik in den Lebensphasen Stereo, Mono und Elektrisch

Epoche 1: Musik mit zwei gesunden Ohren

Lieblingsmusik

In meinem Leben mit zwei gesunden Ohren habe ich fast alle Arten von Musik gerne gehört.

Musik im Auto

Als Pendler habe ich häufig im Auto die Musik nach Feierabend aufgedreht, um die Arbeitsgedanken zu vertreiben. Von BigFm bis Klassikradio hörte ich mir alles an.

Voll auf die Ohren

Konzerte, Festivals, Discos, randvolle Kneipen. An vielen Orten in den unterschiedlichsten Lautstärken und Formen konnte ich Musik genießen

Musizieren

Wirklich viel Musik selbst habe ich in meinem Leben nicht gemacht, abgesehen von ein wenig Keyboardunterricht in der Kindheit und selbstbeigebrachtes Klavierspiel nach dem Studium.

Epoche 2: Musik nach der einseitigen Ertaubung

Musik im Auto als SSDler

Musik höre ich beim Pendeln seit dem einseitigen Ertauben nicht mehr, denn mein gesundes Ohr ist sehr geräuschempfindlich geworden. Zudem raubt mir leider das asymmetrische Hören von Musik viel Konzentration. Durch die einseitige Ertaubung gewinne ich keine Kraft mehr aus der Musik sondern werde erschöpft. Die Aufmerksamkeit sinkt, was im Straßenverkehr ja nicht unbedingt so vorteilhaft ist… Deshalb höre ich eigentlich nur noch Deutschlandfunk beim Pendeln, da Reportagen komischerweise besser aufgenommen werden können.

Voll auf die Ohren, ähm das Ohr

Dass ich nun (abgesehen von den drei kleinen Gründen mit je zwei Beinen bei mir zu Hause) kein Stammgast in Discos, Heavy Metal Festivals und randvollen Kellerkneipen bin, ist glaube ich nicht schwer zu erraten.

Festivals und Co als SSDler

Wobei, letztes Jahr schleppte mich meine Frau zum Glück auf mein erstes „Mono“ Festival („Das Fest“ in Karlsruhe). Mit Gehörschutz klappte das trotz anfänglicher bedenken erstaunlich gut. Einmal verrutschte er mir jedoch und ich bekam die absolute Oberkrise, als plötzlich dieser Lärmpegel auf mein Weichei-Ohr traf 🙂 Unterhaltungen waren bei den lauten Umgebungsgeräuschen nur sehr eingeschränkt möglich (der Gehörschutz lässt jedoch die hochfrequenten Töne der Sprache einigermaßen durch). Die Musik konnte ich beim Festival ganz gut aufnehmen, da zum einen das Flair, zum anderen das Vibrieren der Musik im Körper das Musikerlebnis abrunden. Diese Wahrnehmungen werden nicht durch den einseitigen Gehörverlust gemindert. Man sollte sich ja immer mehr darauf fokusieren, was man noch kann, als auf das, was man nicht mehr kann (halte ich meiner Oma bei anderen körperlichen Leiden immer vor, warum soll das nicht auch für mich zutreffen?! 😉 ).

Klassisches Konzert als SSDler

Der Besuch eines klassischen Konzerts (mag ich eigentlich sehr gerne) war leider sehr ernüchternd nach der einseitigen Ertaubung. Das herrliche Klangvolumen, das den Raum sonst wie Honig flutet, war gänzlich nicht mehr vorhanden. Das Orchester spielte gefühlt direkt in meinem gesunden Ohr (es schrumpft quasi auf eine Singularität) und nicht im Zentrum der Bühne vor mir. Auf der anderen Seite schrillte der Tinnitus und zelebrierte seinen Triumpf über die schönen Klänge der Welt. Er rieb es mir förmlich unter die Nase, dass er eindringlicher und lauter ist als alles andere. Die räumliche Zuordnung war auch nicht mehr möglich und somit das Fokusieren auf einzelne Instrumente hinfällig. Bei Solostücken hätte ich heulen können, da ich vor allem Tinnitus wahrnahm. Das war ein halbes Jahr nach der Ertaubung.

Musizieren als SSDler

Das Klavierspiel habe ich aufgehört, da das fehlende Klangvolumen selbst für mich als wenig anspruchsvoller Hobbyklimperer zu deprimierend war.

Epoche 3: Musik mit CI

Hoffentlich ändert sich das nun wieder etwas mit dem Cochlea Implantat. Ich kann es kaum glauben, dass ich Musik zum Teil drei Tage nach der Inbetriebnahme ganz akzeptabel wahrnehmen kann, jedoch natürlich nicht natürlich 🙂 Einem Rythmus kann das egal sein!

Hier eine kurzer Beitrag zur Problematik von Musik und Cochlea Implantat:

Für alle nicht CI’ler habe ich ein Simulationsbeispiel gefunden, wie ein geübter CI’ler nach jahrelangem Training Musik wahrnehmen kann:

Mein CI (Cochlear) hat übrigens 22 Kanäle in Bezug auf das Video.

Klassische Musik mit CI

Einen guten Einstieg in die Welt der Musik mit CI bieten, meiner beschränkten Erfahrung nach, langsame Klavierstücke wie dieses hier:

Akustisch und elektrisch wunderbar ansprechend und interessant im Wechsel von Rhytmus, Melodie, Lautstärke und Klangfarbe! Ich gebe mein Bestes das Positive zu entdecken und nicht den Fokus auf dem Unnatürlichen zu lassen. Das Negative versuche ich mit Humor zu nehmen, z.B. muss ich bei diesem Stück mit dem wütenden Gorilla. herzhaft unter dieser Vorstellung lachen 😀

Schlecht bis gar nicht gehen Gesang (hohe Stimmen) und Streichinstrumente. Bei diesem Stück habe ich das Gefühl, dass der Sprachprozessor jeden Moment durchschmilzt und explodiert (Stelle ab 1:50) :

Der Akku des Sprachprozessors stirbt vermutlich nach 20 Minuten an Überlastung 🙂 Da feuern die Elektroden aus allen Rohren auf den Hörnerv ein Impulsgewitter ab!

Ein Orchester stellt also noch eine absolute Überforderung dar. Solche Stücke halte ich mal vorerst vom CI fern…ob das jemals klappen wird mit CI?

Voll auf die Ohren mit CI

Machen wir mal einen geschwinden, aber knallharten Genrewechsel. Mir hat es die Socken ausgezogen, als ich den Track von Benny Benassi aus Spaß gestartet habe:

Das klingt größtenteils nahezu Original im CI! Gut, wenn die Frau singt, dann klingt das nicht nach Frau (könnte auch 50 Cent sein 😀 ), nicht einmal nach einer Roboterfrau . Aber die elektrischen Geräusche kommen zum Teil im CI extrem gut rüber (z.B. ab 0:17)!!!! Unfassbar!!!!! Ein rießiges AHA Erlebnis. Auf beiden Ohren den gleichen Höreindruck, was für ein unglaubliches Gefühl! Hätte mir nicht zu träumen erlaubt, dass ich das noch in meinem Leben je wieder genießen darf! Ja, es ist möglich unter ganz bestimmten Voraussetzungen mit einem CI den gleichen Sound wahrzunehmen wie auf dem gesunden Ohr!!!! Das habe ich bisher noch nirgendwo gelesen oder gehört, aber bei dieser Stelle ist es für mein subjektives Empfinden Realität. Lang lebe die Technik und der Techno 😉

Generell lässt sich bei perkussiver Musik gut der Rhytmus erkennen:

Klingt etwas verzerrt zum Teil mit CI, aber im Intro sonst richtig gut. Manchmal, wenn zu viele akustische Eindrücke sich überlagern (z.B.1:20), geht dem CI gefühlt der Saft aus und die Klangschärfe und der Schalldruck lassen deutlich nach.

Ich lasse fürs Musik hören das CI an. Ich finde das wertet das Klangvolumen auf und ich fokusiere mich darauf. Wie macht ihr das?

Musizieren mit CI

Zu Hause nach der EA möchte ich mich wieder ans Klavier spielen wagen. Das wird mir sehr von meiner Musiktherapeutin empfohlen, da es die Neuvernetzung im Gehirn anregt (Verknüpfung elektrisches und akustisches Hören über Klang, Sehen, Erfahrung und Bewegen). Das Richtungshören kann dadurch wieder gefördert werden.

Fazit

So, das war ein breiter Schwenk durch das Thema Musik in allen akustischen Lebenslagen! Dieser Beitrag wird bestimmt in Zukunft noch viel von mir und anderen ergänzt werden.

Man merke: Was für Oma gut ist, ist auch für einen selbst gut 😀  (Wer den Artikel gelesen hat wirds verstehen)

Musik und CI kann funktionieren, es ist eine Frage der Erwartungshaltung und des persönlichen Fokus. Einseitig Taube haben zum Glück noch die Möglichkeit, das akustische Hören zu genießen und mit dem CI etwas mehr Fülle zu verleihen. Akustik- und Elektro-Ohr können sich ergänzen und sind nicht zwangsläufig im Gegensatz.

Unter ganz bestimmten Umständen kann der Höreindruck auf dem CI Ohr mit dem gesunden Ohr übereinstimmen und ein tolles Klangerlebnis stellt sich ein.

Diskutiert wird das Thema hier im Forum. Ich freue mich über Tipps und Erfahrungen rund um das Thema Musik in Verbindung mit SSD und CI!

 

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EA Tag 3: Mehr Dynamik und Musik ab!

CI - Alltag mit dem Sprachprozessor, CI - Erstanpassung und Reha

Und täglich grüßt das Murmeltier… Die Routine macht sich langsam hier bei der Erstanpassung breit. Sprachprozessor „ran an den Kopp“ und los gehts in den neuen Tag. Für heute habe ich mir nach meinem kleinen Turbo und dem vollen Programm gestern verordnet, einen Gang nach unten zu schalten (ich hasse es….). Doch was ist da im Bad beim Waschen wahrzunehmen? Das hört sich ja schon fast mehr nach plätscherndem Wasser als nach Kreissäge an, was da in den Abguss fließt. Sehr fein…

Anpassung Technik

Nachdem ich im Laufe des gestrigen Tages mehrmals die Lautstärke reduzieren musste und die Herabstufung der Frequenz drohte, kann ich die Lautstärke zum Glück wieder steigern.

Und damit nicht genug, denn der Techniker hat erneut einen Trick parat um zu zaubern! Diesmal knöpfen wir uns die Dynamik vor. Diese beschreibt die Breite des Dezibelfensters im Frequenzband (hoffe ich habe das richtig verstanden). Mit anderen Worten wird das Spektrum (die Grenzen der minimalen und maximalen Ausschläge der Amplituden) erweitert. Das geht nur, wenn der Hörnerv das mitmacht. Da ich die sehr leisen Töne bei allen Elektroden noch im Test erkennen kann, belassen wir diese Einstellung. Die empfundene Qualität der modulierten Geräusche wird etwas besser. Der Sprung ist aber eher ein kleiner Hüpfer im Vergleich zur gestrigen Veränderung der Frequenz. Dennoch freue ich mich über diese Anpassung.

Der Impedanztest wird, wie jeden Tag, erneut durchgeführt. Die Übergangswiderstände haben sich erneut verkleinert (das ist gut!). So sehen die drei bisherigen Messkurven in der Gegenüberstellung aus:

Cochlea Implantat ImpedanzenSorry für die miese Bildqualität, habe nur ein altes Gurkenhandy 🙂

Visite

Ziemlich unspektakulär und kurz (wobei im Vergleich zu einer Chefarztvisite eine Ewigkeit 😀 ) Es wird, überspitzt formuliert, geschaut, ob ich zwei Ohren habe und nirgendwo auslaufe 😉 Ein bisschen Zeit für netten Smalltalk bleibt dennoch.

Logopädie

Heute wagen wir uns an fremde Wörter ohne Hilfestellung (wie Bildchen). Das klappt mal gut, mal gar nicht. Kommt ganz auf die Laute darauf an. Bin dennoch sehr zufrieden, da ich den Großteil interpretieren kann. Als ich der Logopädin erzähle, dass ich den Klang von Wasser so, wie ich als Franke sage, „dodal doll“ heute Morgen fand, bekomme ich eine Herausforderung. Es gilt die Geräusche: Rudern, Duschen, Tropfender Wasserhahn, Regen, Fließender Wasserhahn und Schwimmen außeinander zu halten. Puh, da muss ich mich aber ordentlich konzentrieren und halte die Augen geschlossen. Zunächst klappt die Unterscheidung recht gut, dann zollt jedoch die hohe Konzentration ihren Tribut. Ich fühle mich recht erschöpft und mache häufig Fehler. Ist aber halb so wild, habe bewusst um diese Herausforderung gebeten und empfinde es trotzdem als sehr positiv, überhaupt unterschiedliche Qualitäten von Wasser so schnell hören zu können. Wusste bis heute noch gar nicht, dass so etwas überhaupt jemals mit einem Cochlea Implantat funktioniert…

Musiktherapie

Ich komme in den Genuss einer Einzelsitzung mit der Musiktherapeutin. Wir führen ein sehr gutes Gespräch zum gegenseitigen Kennenlernen und über die Bedeutung von Musik in meinem Leben. Dabei fällt mir auf, das die Rolle der Musik und die Einflüsse darauf durch die Ertaubung und das CI immens sind. Deshalb widme ich dem Thema einen eigenen Beitrag (Dank an meine Musiktherapeutin 😉 ).

Zum Abschluss der Sitzung nehme ich Platz auf einem Klangstuhl und konzentriere mich auf den CI Sound und die Vibrationen der Musik.

DSC_0139

Habe davon noch nie gehört oder so ein Ding gesehen. Interessante Idee so ein Klangstuhl, der könnte meinen Kindern sehr gut gefallen. Das schreit förmlich nach einem Selbstbauprojekt für zu Hause 🙂

Freizeit

Abends trifft ein SSDler zu seiner 3. Anpassung im ICF ein, mit dem ich über den Blog und das DCIG Forum im Vorfeld etwas Kontakt hatte. Halleluja, da hat der Deckel seinen Topf gefunden! 😀 Wir quatschen bis tief in die Nacht und es tut richtig gut, das erste Mal sich so wirklich mit einem Gleichgesinnten auszutauschen! Sehr viele Empfindungen, Entwicklungsphasen, Herausforderungen und Gedanken sind deckungsgleich. Wir lachen viel und morgen brauche ich wohl einen starken Kaffee…

Fazit des 3. Tages der EA:

Routine macht sich bei der Erstanpassung breit und der Tag „nur“ im ICF liefert mir wieder neue Energie. Zudem keimt in mir die Erinnerung auf, dass Musik viel mehr als nur Klang ist und auch mit einer Hörbeeinträchtigung genossen werden kann. Man muss sich nur auf das konzentrieren, was man kann, nicht auf das, was man nicht kann.

Austausch mit Gleichgesinnten ist Balsam für die Seele!

Hier ist ein Thread zu diesem Beitrag im DCIG Forum

Was ist von der Erstanpassung zu erwarten? (ein Gastbeitrag von Katrin K.)

CI - Erstanpassung und Reha

„Ball flachhalten!“

Als Einstimmung auf meine baldige Erstanpassung und um die Erwartungshaltungen auf ein realistisches Maß zu dämpfen, habe ich viel in Foren zu diesem Thema gelesen.

Auch habe ich liebe Zuschriften erhalten, vielen Dank dafür! Exemplarisch hierfür möchte ich einen Auszug aus einem Erfahrungsbericht von Katrin K. posten. Dieser spiegelt genau mein Stimmungsgefühl wieder, das sich durch Lesen zahlreicher persönlicher Schilderungen eingestellt hat. Ein dickes Dankeschön dir Katrin, dass die Allgemeinheit deine Email lesen darf!

Katrin K.s Gastbeitrag:

„Der Höreindruck mit dem CI hat sich bei mir super entwickelt.
Am Anfang ist es echt krass, wie es sich anhört. Hast Du schonmal ein Beispiel gehört? Hier ist eins…
http://www.kgu.de/fachkliniken/klinik-fuer-hals-nasen-ohrenheilkunde/audiologische-akustik/forschung-und-projekte/demos-zur-elektrisch-akustischen-stimulation-eas.html

Ich dachte am Anfang – so krass wird sich das schon nicht anhören – aber es war dann tatsächlich so 😉 Aber keine Sorge – das legt sich schnell.
Vor allem war es mir auch total egal, wie es sich angehört hat – das wichtigste und schönste war für mich, dass ich überhaupt auf meinem tauben Ohr wieder etwas hören konnte. Auch wenn es eine Roboterstimme war 😉 Leider gab es bei der Erstanpassung keinen Spiegel im Hörtest-Zimmer – ich glaub ich hab noch nie in meinem Leben so gegrinst, als ich meinen ersten Satz über das CI gehört habe – das war der Hammer!
Ich habe schon direkt in der Erstanpassungswoche sehr viele Worte und Sätze verstanden – normalerweise dauert das laut den Therapeuten dort bei vielen viel länger. Aber ich glaube das liegt auch daran, dass ich „nur“ 2 Jahre taub war und dass mein Gehirn durch das „gute“ Ohr noch weiß, wie es ist zu hören.
Denke (und hoffe) das wird bei dir genauso sein.
Ich habe das CI von Anfang an den ganzen Tag getragen. Am Anfang war bei allen Stimmen noch ein metallischer Beiklang dabei, das wurde aber durch das „normale“ Ohr ganz gut ausgeglichen und hat sich dann relativ schnell gelegt. Manche Geräusche konnte ich aber überhaupt nicht zuordnen – ein laufender Wasserhahn hat sich in den ersten Tagen angehört wie eine Kreissäge…also total ungewohnt, dass alles auf einmal wieder so laut ist…
Aber wie gesagt – das hat sich bei mir total schnell gelegt und durch das ständige Tragen hat mein Gehirn relativ schnell ganz automatisch gelernt, die Höreindrücke von künstlichem und normalem Hören zu vereinen.
Mittlerweile hört sich mit CI und normalem Ohr zusammen alles völlig normal an.
Rein mit dem CI ist es schon noch „elektronisch“ – vor allem Musik hört sich echt gewöhnungsbedürftig an. Aber es hat sich auf alle Fälle schon sehr stark gebessert. Stimmen z.b. höre ich fast ganz normal.

Ich kenne allerdings auch eine Patientin, die hat sich erst ganz langsam an ihr CI gewöhnt (auch einseitig ertaubt). Sie meinte mit CI versteht sie viel weniger als ohne, weil alles einfach nur mega laut ist und sie nichts richtig zuordnen kann. Das kann aber auch an der Einstellung des CIs liegen – in Freiburg sind sie ja da sehr kompetent und fit – von demher bist Du da denke ich in besten Händen.

Ich hoffe, ich konnte Dir einen kleinen Eindruck vermitteln und wünsche Dir auf alle Fälle eine spannende Erstanpassungs-Woche.
Würde mich freuen, wenn Du mir danach berichtest wie es war (bzw. das kann ich ja dann sicher im Blog mitverfolgen 🙂 ). „

Zusammenfassend meine persönlichen Gedanken zur Starterwartungshaltung (Voraussetzungen: Einseitige Taubheit, Zeit seit Ertaubung 1 Jahr, keine Hörschwäche zuvor und auf dem anderen Ohr):
A) Mit dem CI hört sich alles zunächst fremd und unnatürlich an – man freut sich dennoch, dass man überhaupt wieder etwas hört.
B) Fast alle Geräusche klingen komplett anders und man ist wohl zunächst häufig irritiert.
C) Richtungseindrücke lassen sich schon zu Beginn wieder etwas besser einordnen.
D) Die Kopfhaut wird etwas schmerzen zwischen CI und Implantat.
E) Die Eindrücke über das CI wirken zunächst z.T. sehr laut und man ist schneller ermüdet
F) Am Ende der EA lassen sich vereinzelt Wörter verstehen

Weitere Erfahrungseinschätzungen und Kommentare zum Beitrag gibt es hier.

„Hörst du jetzt besser?“ (…Warten auf die EA)

CI - Erstanpassung und Reha

„Hörst du jetzt besser?“

Diese Frage wird mir ständig gestellt, seitdem ich aus der Klinik zurück bin.

„Nein, ich verstehe schlechter!“

muss ich dann ehrlicherweise antworten, was häufig zur Verwunderung beim Gegenüber beiträgt. Dies liegt einfach an zwei Punkten:

1) Mein Tinnitus auf der tauben Seite hat sich seit der OP verstärkt

2) Das Implantat alleine bewirkt gar nichts, da zum Betrieb des Cochlea Implantats der externe Prozessor mit Energieversorgung und Sendespule (sieht aus wie ein Knopf mit einem etwas größeren Hörgerät) notwendig ist.

Den Prozesser erhalte ich bei der einwöchigen EA (Erstanpassung), die üblicherweise ca. vier Wochen nach der Operation stattfindet. Dazu reise ich wieder ans ICF (endlich mal durchschlafen, hab ich sonst nie mit drei kleinen Kindern 😉 ). Die Techniker und Therapeuten habe ich zum größten Teil schon während der Voruntersuchung kennen lernen können. Den Prozessor und das Zubehör habe ich bereits nach der OP während meines Krankenhausaufenthaltes bestellt. Ich kann die erste Inbetriebnahme kaum erwarten und freue mich wie ein kleines Kind auf Weihnachten!

So ist einseitige Taubheit!

So ist einseitige Taubheit!

Warum kann ein gesunder Mensch die Beeinträchtigung von einseitiger Taubheit nicht nachvollziehen („Ein Ohr funktioniert ja noch…“)?

1) Man sieht diese Beeinträchtigung niemanden an (außer der Betroffene trägt natürlich ein CI/Cros/Baha…)

2) Selbst wenn sich jemand mit zwei gesunden Ohren ein Ohr zuhält, nimmt er noch viel mit diesem Ohr wahr, denn: Der Schall wird auch über Knochenleitung weitergegeben!

Die Auswirkungen von einseitiger Taubheit für den/die Betroffene/n:

image[1]

image[5]

Die Geometrien stehen für unterschiedliche Geräuschquellen, die Farben für unterschiedliche Frequenzen, die geraden Striche für die Störeinwirkung von Tinnitus. Rechts ist es viel schwieriger, sich auf ein Geräusch (Geometrie) zu konzentrieren, denn:

=> Keine Richtungen können mehr gehört werden! Zum Richtungshören brauchen wir zwei funktionsfähige Ohren!

Empfindung aus dieser Konsequenz: Ein 2D Geräuschbrei zwängt sich durch nur noch einen Gehörgang

=> Geräuschüberempfindlichlkeit auf dem verbleibenden Ohr (Hyperakusis)!

=> Geräusche können nur durch Filter mit Gehirnleistung (mehr Konzentration) entwirrt werden, nicht mehr intuitiv über Richtungszuordnung!

=> bei spätem Gehörverlust heißt Taubheit nicht gleich Ruhe! Das ist wie wenn das Antennenkabel vom Fernseher gezogen wird und plötzlich kommt ein lautes, wildes Rauschen! Die Hardware (Gehirn+Hörnnverv) funktioniert noch, jedoch kommen keine brauchbaren Signale mehr rein, weil die Schnittstelle (Haarzellen) zerstört wurde. Ein wilder Geräuschkampf tobt (Tinnitus)!!! Taub ist lauter Kampf der wilden, umgebungsunabhängigen, permanenten Geräusche! Immer und rund um die Uhr!

=> Quelle aller Geräusche erscheint direkt vor der Ohrmuschel oder im Kopf! Keine räumliche Wahrnehmung! (fühlt sich an wie ein Sitzen in einer Schachtel)

Leider haben viele Menschen/ die Rentenversicherung/ die Krankenkassen immer noch die Einstellung, dass SSD nur eine geringe Beeinträchtigung darstellt. Dabei sprechen die Statistiken (Depression, Ermüdung etc deutlich erhöht bei SSD) für sich!

Beispiele:

Ich wurde nur mit Grad 20 vom Amt für Versorgung als Beeinträchtigung eingestuft (Verlust Gehör und Gleichgewichtsorgan einseitig, Tinnitus).

Mein Antrag auf „Mittel zur Anteilhabe am Berufsleben“ wurde von der DRV Bund für ein Cros Hörgerät abgewiesen.

Die Krankenkasse würde nur einen symbolischen Beitrag für ein Cros Versorgungsgerät zahlen (ca. 30%).

Auswirkung der einseitigen Taubheit auf den Beruf:

Als Projektleitung kommuniziere ich mit Teammitglieder/Mitarbeiter/Zulieferer und sitze viel in Besprechungen. Das bedeutet, dass ein optimaler Höreindruck sehr wichtig für meine Tätigkeit

Ohne Hilfsmittel (Cros, Baha) muss ich immer meinen Kopf gedreht halten, um einem Gespräch zu folgen.Diese veränderte Körpersprache kann vom Kommunikationspartner fehlinterpretiert werden (Arroganz, Desinteresse).

Haltungsschäden auf lange Zeit sind vorprogrammiert.

In einer Besprechung kann ich nicht gleichzeitig schreiben und zuhören, wenn auf der tauben Seite gesprochen wird, da ich meinen Kopf drehen muss.

Fazit:

Einseitige Taubheit ist belastender für die Betroffenen als man vielleicht sich als gesunder Mensch vorstellen kann (hätte ich früher auch nicht). Ich hoffe mein Beitrag kann mehr gegenseitiges Verständnis vermitteln.

 

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Vielen Dank und einohrige Grüße!

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